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Klimawandel: Ozeanische Hitzewelle 2023 stört Nahrungsketten

2023 erlebten die Weltmeere ungeahnte Rekordtemperaturen. Das hatte fatale Folgen für die Basis der Nahrungskette: Das Algenwachstum brach massiv ein.
Dunkle Wellen branden im goldenen Abendlicht an den Strand
Weltweit hatten die Ozeane 2023 zuvor noch nie gemessene Temperaturen erreicht – mit Folgen.

Seit März 2023 befinden sich die Durchschnittstemperaturen der Weltmeere auf Rekordkurs: Der Klimawandel und El Niño treiben die Werte nach oben: In Teilen des Nordatlantiks lagen die mittleren Temperaturen beispielsweise im Juni 2023 um vier Grad Celsius über dem langjährigen Durchschnitt. Besonders betroffen waren zudem die äquatorialen Gebiete des Atlantiks und des Pazifiks. Ersten Daten zufolge führte das zu einem globalen Einbruch der Nettoprimärproduktion in den Ozeanen: Das Phytoplankton und damit die Basis der marinen Nahrungsnetze nahm deutlich ab, konstatiert eine Arbeitsgruppe um Marshall Bowles vom Louisiana Universities Marine Consortium in einem Preprint.

Besonders betroffen waren die Regionen, die sich 2023 auch am stärksten aufgeheizt hatten, schreibt das Team. Satellitendaten zeigen, dass vor allem im April und September die gemessenen Werte für die Phytoplanktonkonzentration im Wasser stark zurückgegangen sind. Teilweise nahm die Menge an Algen um mehr als 20 Prozent ab, verglichen mit dem Durchschnitt der letzten 20 Jahre.

Nach dem ersten Einbruch im April blieben die Werte dann während des gesamten Sommers auf der Nordhalbkugel unter dem Durchschnitt, während sich das Phänomen räumlich stetig ausweitete. Im September betraf der Rückgang fast drei Viertel der gesamten Ozeanfläche. Weiträumig überschritten die oberflächennahen Wassertemperaturen dann den Optimalbereich, in dem das Phytoplankton am besten wächst, wie Bowles und Co ermittelt haben.

Auch in den vergangenen Jahren war es immer wieder zu Produktivitätsrückgängen gekommen, wenn sich die Meere aufgeheizt hatten. Aber niemals zuvor konnte eine derart drastische und ausgedehnte Abnahme beobachtet werden. Das hängt womöglich damit zusammen, dass dieses Mal tropische Regionen stärker von der Erwärmung betroffen waren: In polaren Breiten könnte sich durch aufgeheiztes Wasser die Produktivität unter Umständen sogar erhöhen.

Dieses »Ergrünen« der Meere konnte in den letzten Jahren ebenfalls beobachtet werden, was jedoch nichts Gutes heißen muss: Die sich verstärkende Schichtung des Wassers – warmes Wasser oben, kälteres darunter – verhindert den Austausch und reichert Algen nahe der Oberfläche an. Nährstoffeinträge fördern extreme Algenblüten.

Sowohl dieser Überfluss wie der Rückgang 2023 wirken sich unmittelbar auf die Nahrungsnetze und das Leben im Meer aus. Das Phytoplankton dient vielen anderen Organismen als Nahrungsgrundlage. Sollte sich der Mangel über die Folgejahre fortsetzen, könnte dies massive Folgen für die gesamte Tierwelt im Ozean haben.

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  • Quellen
Research Square, 10.21203/rs.3.rs-4014371/v1, 2024

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