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Raumfahrt: 16 Fragen und Antworten zur Rückkehr zum Mond

Es läuft ein neues Wettrennen zum Mond, nachdem ihn mehr als ein halbes Jahrhundert lang keine Menschen mehr betreten haben. Warum ist unser Trabant jetzt wieder so attraktiv? Welche Nationen sind beteiligt, und was haben sie vor? Wann werden Menschen wieder auf der Oberfläche stehen? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Illustration zweier Menschen in Raumanzügen, die auf der Mondoberfläche knien und Gesteinsproben nehmen, im Hintergrund ist eine Landefähre und eine aufgestellte US-Flagge zu erkennen
Nach den Vorstellungen der NASA stellen Menschen bald wieder eine US-Flagge auf dem Mond auf und sammeln Gesteinsproben. Während es den USA an Flaggen nicht mangelt, fehlen noch geeignete Landefähren und selbst Raumanzüge.

2019 verkündeten die USA: Wir bringen wieder Menschen auf den Mond, und zwar bis zum Jahr 2024! Das wird nun nicht mehr klappen, denn im Artemis genannten Projekt haben sich bereits einige Verzögerungen angehäuft. Eine Mondlandung ist eine schwierige und teure Angelegenheit. Aber die USA wissen, wie es geht – immerhin haben sie es vor Jahrzehnten schon mal geschafft. Und sie wollen es jetzt wieder durchziehen. Allerdings hat sich inzwischen viel verändert.

Lange war wenig um unseren Trabanten los. Heute streben mehrere Länder dorthin, neben den USA vor allem China. Es feierte zuletzt zahlreiche Erfolge in der Raumfahrt und will ebenfalls Menschen zum Mond fliegen. Weitere Nationen haben erstmals Sonden dorthin geschickt; private Unternehmen mischen ebenso mit. Sie wollen ihre technologischen Fähigkeiten demonstrieren und haben große Pläne. Plötzlich wollen alle zu einem bestimmten, bis vor Kurzem unberührten Ort: dem Südpol des Mondes. Wir erklären, was dahintersteckt, wer beim neuen Wettrennen mitmacht und was es für die Zukunft der Raumfahrt bereithalten könnte.

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Wann waren zum letzten Mal Menschen auf dem Mond – und warum eigentlich?

Insgesamt zwölf Menschen haben bisher den Mond betreten. Sie alle waren weiße Männer aus den USA, und sie alle landeten dort zwischen den Jahren 1969 und 1972 – mitten im Kalten Krieg. Dieser Wettstreit zwischen den USA und der Sowjetunion mit dem Ziel, dem jeweils anderen Block die eigene Überlegenheit zu demonstrieren, war der eigentliche Grund für das ungeheuer ambitionierte US-Mondprogramm.

Zuvor hatte die Sowjetunion im Weltraum Erfolge verbucht: Indem sie im Jahr 1957 den ersten künstlichen Satelliten in den Erdorbit beförderte, überraschte sie die Weltöffentlichkeit und sorgte in den USA regelrecht für Entsetzen. Nach dem »Sputnik-Schock« folgten vom Jahr 1959 an erfolgreiche sowjetische Missionen zum Mond – unter anderem sah die Menschheit zum ersten Mal dessen erdabgewandte Seite auf Aufnahmen der Raumsonde Luna 3.

Daraufhin kündigte US-Präsident John F. Kennedy in einer berühmt gewordenen Rede 1962 an, die USA würden bis zum Ende des Jahrzehnts einen Amerikaner auf den Mond bringen. Tatsächlich erfolgte die erste Mondlandung mit der Mission Apollo 11 im Juli 1969. Sie wurde zu dem erhofften Propagandatriumph und mit der Liveübertragung in die Wohnzimmer in der ganzen Welt zu einem Schlüsselereignis des 20. Jahrhunderts. Ein entsprechendes sowjetisches Programm blieb unterdessen streng geheim, verfügte nicht über die erforderlichen Ressourcen und wurde nach dem Erfolg der USA schließlich eingestellt.

Fußabdruck für die Geschichtsbücher | Während des ersten Mondspaziergangs hinterließ der zweite Mann auf dem Mond, US-Astronaut Buzz Aldrin, einen Stiefelabdruck in einem unberührten Bereich. Er fotografierte ihn aus zwei leicht zueinander versetzten Positionen, was auf der Erde anhand beider Bilder eine Analyse der physikalischen Eigenschaften des Untergrunds erleichtern sollte. Die Aufnahme wurde ähnlich ikonisch wie der Ausspruch seines Kollegen Neil Armstrong, als dieser zuerst den Mond betrat: »Ein kleiner Schritt für einen Menschen, ein riesiger Sprung für die Menschheit.«

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Wie funktioniert eine Mondlandung?

Technisch gesehen braucht es für eine Mondlandung – damals wie heute – vor allem drei Dinge: erstens eine Rakete, an ihrer Spitze zweitens ein Raumschiff mit den Astronauten darin sowie drittens eine Landefähre. Die USA entwickelte eigens für die Apollo-Missionen die leistungsstarken Saturn-5-Raketen. Sie konnten Raumschiff (mit Astronauten an Bord) und Landefähre gemeinsam in eine Umlaufbahn um den Mond befördern. Im Mondorbit stiegen die Astronauten um: Die Landefähre brachte zwei Männer auf die Oberfläche und später wieder zum Raumschiff. Das wiederum flog alle wieder zurück zur Erde.

Das ganze mehrteilige Prozedere – vom Raumschiff zur Fähre, mit dieser auf den Mond, und dann alles retour – wird als Mondumlaufbahn-Rendezvous bezeichnet. Es ist sehr effizient, weil man immer nur die Massen bewegen muss, die für den jeweiligen Missionsabschnitt nötig sind. Ein Raumschiff, das in einem Stück zum Mond reisen, dort landen und wieder zur Erde fliegen könnte, würde zu viel Treibstoff benötigen.

Auf diese immer gleiche Weise gelangten während sechs Apollo-Missionen insgesamt zwölf Astronauten auf den Mond. Zusätzlich verblieb jeweils ein Pilot an Bord des Raumschiffs im Orbit, ohne die Chance, im Mondstaub zu spazieren.

Reiseroute von Artemis 1 | Nach dem Start am 16. November 2022 brachte das Space Launch System die Raumkapsel Orion zum Mond. Nach einer Umrundung in einem relativ großen Bogen führte der Weg nach 25 Tagen wieder zurück zur Erde. Der Testflug fand noch ohne Menschen an Bord statt.

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Wie haben die Apollo-Missionen unser Wissen über den Mond verändert?

Abseits politischer Machtdemonstrationen waren die Mondlandungen wissenschaftlich bedeutsam. Zuvor war über unseren ständigen himmlischen Begleiter noch erstaunlich wenig bekannt. Insbesondere wurde erst dank der Apollo-Missionen klar, wie der Mond entstanden ist – und dass der Vorgang offenbar ganz anders ablief als in allen bis dahin favorisierten Modellen.

Zum Ursprung des Mondes gab es in den 1960er Jahren mehrere konkurrierende Hypothesen. Eine lautete, er und die Erde seien Geschwister: Beide wären vor rund 4,5 Milliarden Jahren zusammen aus derselben ursprünglichen Wolke von Staub und Gesteinsbrocken hervorgegangen. Laut einer zweiten Theorie hätte der Mond zuerst irgendwo anders im Sonnensystem entstehen können. Er wäre später bei einer nahen Begegnung von der Erde eingefangen worden. Ein drittes Konzept war die Abspaltungstheorie. Laut ihr schleuderte aus der sehr schnell rotierenden, heißen und flüssigen jungen Erde das Material für den Mond aus der Äquatorregion heraus wie ein Fetzen aus einem ungelenk geschleuderten rohen Pizzateig.

Bei den insgesamt sechs Landungen der Apollo-Missionen haben die Astronauten fast 400 Kilogramm Mondgestein eingesammelt. Dessen Zusammensetzung wurde analysiert, mit irdischem Gestein verglichen und geprüft, ob irgendeines der Modelle dazu passt. Die Überraschung: Keines von ihnen schien zu stimmen.

Heute hat sich eine andere Idee durchgesetzt. Laut ihr ist in der Frühzeit der Erde, einige zehn Millionen Jahre nach ihrer Entstehung, ein kleinerer Planet eingeschlagen. Bei der Kollision wurde Menge flüssiges Gesteinsmaterial umhergeschleudert. Daraus formte sich zunächst eine gigantische Wolke um die angeschlagene Erde, und daraus bildete sich der Mond. Die Theorie wurde ab den 1970er Jahren ausgearbeitet und konnte sich gegenüber den anderen nur durchsetzen, weil Menschen Mondgestein vor Ort eingesammelt haben. Dessen Zusammensetzung passt am besten zur Kollisionstheorie. Das untermauern seither immer bessere Gesteinsanalysen und Computermodelle.

Gigantischer Impakt | Eine Kollision kosmischen Ausmaßes formte den Mond – so eine der gängigen Theorien. Demnach prallte ein etwa marsgroßes Objekt auf die junge Erde und schleuderte dabei große Mengen Gesteinsmaterial ins All, das dann den Mond bildete.

Die Mondlandungen haben also entscheidend dabei geholfen, die gemeinsame Geschichte von Erde und Mond zu verstehen. Außerdem haben die Astronauten Instrumente zurückgelassen, etwa Seismometer. Sie konnten Erschütterungen registrieren – Mondbeben, die Rückschlüsse auf den inneren Aufbau des Himmelskörpers geben. Auf der Mondoberfläche aufgestellte Retroreflektoren, die Laserstrahlen genau zu ihrer Quelle zurückwerfen, gestatteten zudem von der Erde aus genaue Vermessungen des Erde-Mond-Systems, Rückschlüsse auf das Mondinnere und sogar Tests von Einsteins Relativitätstheorie.

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Warum war mit den Apollo-Mondlandungen nach 1972 Schluss?

Die USA konnten ihren Propagandaerfolg feiern, doch dann nahmen das öffentliche Interesse und die Bereitschaft zur Finanzierung solcher Missionen rasch ab. Welche Landschaften hätte man weiter erkunden, welche Messinstrumente aufstellen und wie viel mehr Zentner Gestein noch mitnehmen sollen? Das wachsende Gefühl, auf dem Mond nicht viel mehr holen zu können, stand immensen laufenden Kosten gegenüber – sowie den Ansprüchen konkurrierender Raumfahrtprogramme zur Erkundung der übrigen, unendlichen Weiten des Weltraums. So wurden die bereits geplanten Missionen Apollo 18 bis 20 gestrichen.

Von den 1970er Jahren an haben sich die Öffentlichkeit und die Raumfahrtorganisationen jahrzehntelang kaum noch um den Mond gekümmert

Fortan richtete die Menschheit ihren Blick zu ferneren Himmelskörpern wie den anderen Planeten des Sonnensystems. Von den 1970er Jahren an besuchten Raumsonden eher Mars, Jupiter und Co. Weitere Missionen spielten sich im Erdorbit ab, mit dem Aufbau von Raumstationen bis hin zur Internationalen Raumstation ISS nach dem Ende des Kalten Krieges. Von den 1970er Jahren an haben sich die Öffentlichkeit und die Raumfahrtorganisationen jahrzehntelang kaum noch um den Mond gekümmert.

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Warum ist der Mond plötzlich wieder so attraktiv?

Raumfahrt ist weiterhin extrem symbolkräftig, dient dem nationalen Prestige und der heimischen Hightech-Industrie. Aber wieder steht dahinter nicht nur Politik: Es gibt aktuelle Forschungsfragen, die sich mit den Mondprogrammen beantworten lassen sollen.

Nachdem der Mond lange ausgedient hatte, gab es in den 1990er und 2000er Jahren wieder zaghafte Erkundungen, auch durch neue Mitspieler: Europa, Japan, China und Indien. Solche Missionen und andere Beobachtungen zeigten allmählich, dass es beträchtliche Mengen Wasser auf dem Mond geben könnte.

Bei den Apollo-Missionen präsentierte sich der Mond als staubtrocken, denn die Sonne heizt die Oberfläche während des Mondtags stark auf und verdampft etwaiges Wasser. Doch vor allem am Südpol gibt es Regionen mit Kratern, die das ganze Jahr über im Schatten liegen. Diese dauerhaft dunklen Regionen erhalten weder direkte Sonnenenergie noch gelangt Wärme auf indirekte Weise dorthin, denn es gibt drumherum keine Atmosphäre, die sich erwärmen und dorthin strömen könnte. Dauerhaft schattige Bereiche sind also seit Ewigkeiten tiefgekühlt. Und dort befindet sich offenbar jede Menge Eis.

Eisige Mondpole | Die Verteilung des Oberflächeneises (hellblau) am Südpol (links) und Nordpol (rechts) auf Basis der Daten des »Moon Mineralogy Mapper« der NASA. Die Grauskala entspricht der Oberflächentemperatur: Dunklere Farbtöne stehen für kältere Gebiete und hellere für wärmere Zonen. Das Eis konzentriert sich an den dunkelsten und kältesten Stellen in den Schatten von Kratern.

Nun ist einerseits rätselhaft: Wo genau kommt das Wasser her? Die Frage ist nach wie vor ungeklärt. H2O-Moleküle könnten beispielsweise chemisch aus dem sauerstoffreichen Mondstaub entstehen unter dem fortwährenden Beschuss durch Wasserstoffkerne von der Sonne; oder Kometen haben Wasser aus den eisigen Tiefen des Alls mitgebracht.

Andererseits gibt es eine pragmatische Frage für die Raumfahrt: Was ließe sich mit all dem gefrorenen Wasser anstellen? Astronautinnen und Astronauten könnten daraus zum Beispiel Trinkwasser oder mittels Elektrolyse Sauerstoff zum Atmen gewinnen – und Raketentreibstoff.

Lässt sich das Wasser aus dem Gestein herausholen – und mit welchem Aufwand?

Es ist noch völlig offen, wie gut das Mondwasser zugänglich ist. Es wird sich kaum zu weiß glitzernden Eisschollen türmen, sondern eher tief in die Poren des Staubs und des Gesteins eingebunden sein wie Butter in einen Mürbeteig. Lässt es sich dort herausholen – und mit welchem Aufwand? Das sollen viele aktuell geplante Missionen klären. Ungeachtet seines tatsächlichen Nutzens liefert das Eis vielen Akteuren eine willkommene Rechtfertigung dafür, nun erneut prestigeträchtig zum Mond zu streben. Deswegen ist der an mächtigen Kratern und Eis reiche Südpol für alle Beteiligten das Hauptziel.

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Welche Länder und Unternehmen beteiligen sich, und welche Rolle spielt heute die Politik?

Bei dem neuen Wettrennen zum Mond ist der große Rivale der USA nicht mehr die Sowjetunion, sondern China. Das Teilnehmerfeld ist insgesamt unübersichtlicher geworden: Länder wie Indien oder Japan, die inzwischen sehr erfolgreiche eigene Raumfahrtprogramme haben, mischen ebenso mit wie private Raumfahrtunternehmen wie SpaceX oder Blue Origin, bei denen sich im Hintergrund zwei Milliardäre ihr eigenes Duell liefern.

Wichtiger Tempomacher war in den letzten Jahren das aufstrebende China

Wichtiger Tempomacher war in den letzten Jahren das aufstrebende China. In Asien rivalisiert es neben Japan mit dem ähnlich bevölkerungsreichen Indien; global gesehen streitet es vor allem mit den USA und Europa um wirtschaftlichen und politischen Einfluss. Wieder einmal färben irdische Machtkämpfe auf die Raumfahrt ab.

Im Jahr 2003 hat China erstmals selbst Menschen ins All geschickt. Im gleichen Jahr hat Indien sein Mondprogramm Chandrayaan ins Leben gerufen. 2013 gelang mit der chinesischen Mission Chang'e 3 die erste weiche Landung auf dem Mond seit 1976 (seinerzeit war es die Sonde Luna 24 der Sowjetunion). Im Januar 2019 konnte China mit Chang'e 4 eine Landung auf der Mondrückseite feiern – die erste überhaupt. Solch ein Vorhaben ist technisch deswegen besonders anspruchsvoll, weil die erdabgewandte Seite des Mondes im irdischen Funkschatten liegt. Daher braucht man einen Relaissatelliten im Orbit, um quasi über Bande Signale dorthin zu senden und zu empfangen. Zu jener Zeit hatte China bereits seinen Absicht verkündet, eine Mondbasis zu bauen. Immer wieder demonstrierte das Land, dass es technologisch in der Lage war, seine ambitionierten Pläne auch umzusetzen.

Das rüttelte die USA unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump auf. Zwar gab es in den USA wieder eigene Pläne für eine Rückkehr zum Mond, doch sie kamen kaum voran. Trump wies an, bestehende Initiativen für eine amerikanische Mondlandung zu bündeln und zu beschleunigen – ohne dafür aber entsprechende finanzielle Mittel bereitzustellen. Das Programm wurde im Mai 2019 Artemis getauft.

Heute streben immer mehr staatliche und private Organisationen zum Mond. So brachte Südkorea 2022 mit der Mission Danuri seinen ersten Satelliten dorthin – an Bord einer Falcon-9-Rakete des US-Unternehmens SpaceX. 2023 landete Indien mit Chandrayaan-3 als viertes Land nach der Sowjetunion, den USA und China weich auf dem Mond und als erstes in der Nähe des Südpols. Japan glückte 2024 mit der Mission SLIM als fünftem Land eine weiche Mondlandung. Im gleichen Jahr schaffte die US-Firma Intuitive Machines als erste eine private Landung. Nach dem Erfolg von Chandrayaan-3 bekundete dann auch die indische Regierung den Willen, selbst Menschen zum Mond zu schicken – bis 2040.

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Was fehlt den USA noch bis zur Mondlandung?

Die USA haben seit Ende des Spaceshuttle-Programms 2011 eine neue Schwerlastrakete entwickelt, das Space Launch System SLS. Außerdem gibt es ein Orion genanntes Raumschiff. Beide zusammen wurden – ohne Menschen an Bord – Ende 2022 bei der Mission Artemis 1 erfolgreich getestet. Für Artemis 2 trainiert bereits eine ausgewählte Crew. Sie wird mit SLS und Orion zunächst nur auf eine Mondumrundung geschickt. Das passiert nicht vor dem Jahr 2025.

Die vier Auserwählten für die Artemis-Mission | Kommandant Reid Wiseman, Pilot Victor Glover, Missionsspezialist Jeremy Hansen und Missionsspezialistin Christina Hammock Koch (v. l. n. r.)

Rakete, Raumschiff – was den USA für eine Landung also noch fehlt (wir erinnern uns an das Prozedere des Mondumlaufbahn-Rendezvous) ist eine Fähre. Dabei soll es sich um das von SpaceX entwickelte Spaceship handeln. Dieses absolviert gerade Testflüge, und es braucht noch viel Arbeit, bis es nicht mehr explodiert, geschweige denn Menschen auf dem Mond absetzen und wieder heil von dort zurückbringen kann. Selbst einen Raumanzug, ohne den ein Spaziergang auf dem Mond nicht empfehlenswert ist, gibt es nur als Prototyp.

Ohne die USA wäre Europa nicht in der Lage zu eigenständigen Mondflügen

Die ersten Menschen aus den USA werden auch dank eines europäischen Beitrags zur Artemis-Mission den Mond erreichen: Das »European Service Module« treibt die Raumschiffe an und liefert ihnen Strom, Sauerstoff und Wasser. Im Gegenzug reserviert die NASA bei zukünftigen Reisen Plätze für Astronautinnen und Astronauten der ESA – freilich erst, nachdem die nächsten US-amerikanischen Fußabdrücke im Mondstaub sind. Aber ohne die USA wäre Europa mangels Raumschiff und geeigneter Rakete gar nicht in der Lage zu eigenständigen Mondflügen.

Im Rahmen internationaler Kooperationen planen die USA außerdem mit Europa, Kanada und Japan eine Raumstation im Mondorbit, das so genannte Lunar Gateway. Es soll anders als die Internationale Raumstation ISS nicht ständig bewohnt sein, doch längere Aufenthalte ermöglichen. Von dort wäre es leichter, immer wieder direkt zur Mondoberfläche zu fliegen. Allmählich würden die Menschen dann Module und weitere Strukturen für eine Mondbasis am Südpol errichten. Das Ziel: eine dauerhafte Mondpräsenz.

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Wird der nächste Mensch auf dem Mond wieder aus den USA stammen?

Alles deutet darauf hin, dass nach einem halben Jahrhundert Pause die 13. Person auf dem Mond erneut aus den USA stammen wird. Aber es dürfte nicht schon wieder ein weißer Mann werden wie alle Mondspaziergänger zuvor. Jedenfalls hielt es der damalige NASA-Administrator Jim Bridenstine 2019 in einem Interview für wahrscheinlich, dass als Nächstes eine Frau über den Mond laufen wird. Und sicher werden alle vermeiden wollen, diesen historischen Moment lediglich wie eine Neuauflage der Apollo-Landung im Juli 1969 wirken zu lassen, bloß hochauflösend und in Farbe. Die wohlgeplante Inszenierung soll ein Signal des Neuaufbruchs senden: Diesmal sind wir gekommen, um zu bleiben! Und dabei besser die Vielfalt der Beteiligten und ihre Hoffnungen abbilden.

Aber wann ist es so weit? NASA-Projekte werden regelmäßig von Verzögerungen und Finanzierungsproblemen geplagt. Der Termin für eine astronautische Mondlandung, der im Artemis-Programm offiziell für »frühestens 2026« vorgesehen ist, wurde schon mehrfach verschoben, und weitere Vertröstungen darüber hinaus sind schon wegen der bislang fehlenden Mondfähre wahrscheinlich.

Indessen konnte die Nationale Raumfahrtbehörde Chinas ihre ehrgeizigen Pläne in den vergangenen Jahren zuverlässig umsetzen und reihenweise Erfolge sowohl bei robotischen Missionen feiern (nicht nur zum Mond, sondern ebenso zum Mars) als auch astronautischen Vorhaben (insbesondere dem Aufbau und Betrieb einer eigenen Raumstation). Wenn es die NASA bis Ende des Jahrzehnts nicht schafft, könnte der nächste Mensch auf dem Mond also durchaus aus China kommen.

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Wie weit ist Chinas Mondprogramm?

Die 2023 von China getroffene Ankündigung, bis 2030 einen Menschen zum Mond zu entsenden, klingt enorm ambitioniert. Aber das galt ebenso für das von Kennedy 1962 formulierte Vorhaben – und sieben Jahre später stand ein Mann auf dem Mond.

Zunächst stößt die Nationale Raumfahrtbehörde Chinas allerdings mit Sonden zum Südpol vor. Für Menschen braucht es eine eigens dafür entwickelte Trägerrakete. Der Erstflug der »Langer Marsch 10« steht noch aus und soll 2027 stattfinden. Ein Raumschiff wurde zumindest in Form eines Prototyps bereits 2020 getestet, doch einsatzfähig ist es noch nicht. Auch eine Landefähre existiert bisher nur in Form von Entwürfen und Modellen.

Für seine »Internationale Mondforschungsstation« kooperiert China mit Partnerländern. Der Name suggeriert eine zusammenhängende Mondbasis, aber es wird sich eher um einen Verbund weit verstreuter Komponenten handeln. Die Bezeichnung hat sich aus einer Zeit gehalten, in der China gemeinsam mit Russland auf Vorschläge der europäischen Weltraumorganisation ESA für ein internationales »Monddorf« aus dem Jahr 2015 reagiert hat. Nachdem China feststellen musste, dass man sich bei ambitionierten Zeitplänen nicht auf russische Beiträge verlassen kann, gibt das Land inzwischen allein die Visionen und das Tempo vor.

Gesteinsproben von der Rückseite des Mondes würden viele neue Erkenntnisse bringen

Ein erster Baustein auf dem Weg zur chinesischen Mondforschungsstation ist die Sonde Chang'e 6, die am 3. Mai 2024 gestartet ist. Sie soll Anfang Juni 2024 im so genannten Südpol-Aitken-Becken auf der Mondrückseite landen, dem größten und ältesten Mondkrater, dort Proben sammeln und zur Erde zurückbefördern. Die Kommunikation läuft über den im März 2024 gestarteten Relaissatelliten Elsternbrücke 2, der anschließend noch mehrere Jahre lang die Funkverbindung zu weiteren Missionen zur Mondrückseite gewährleisten soll. In der Geschichtsschreibung der Mondforschung könnte China sich mit einem Erfolg von Chang'e 6 erneut ein erstes Mal sichern – bisher stammen alle Gesteinsproben von der erdzugewandten Seite des Himmelskörpers. Da sich die Rückseite geologisch stark von der Vorderseite unterscheidet, dürften die Proben viele neue Erkenntnisse zur Mineralogie, zur Einschlagsgeschichte und zur Struktur unseres Trabanten bringen. Vor allem würde China der internationalen Konkurrenz erneut zeigen: Uns gelingt, was wir uns vornehmen – und bald bringen wir auch Menschen auf den Mond.

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Was will man überhaupt langfristig auf dem Mond?

Alle Beteiligten wollen dem Mond nicht nur kurze Besuche abstatten, sondern dort größere Strukturen bauen und Technologien für Aufenthalte von Menschen erproben. Die Apollo-Astronauten haben höchstens drei Erdtage auf dem Mond verbracht, plus einige Tage unterwegs dorthin und zurück – in Zukunft könnten es ein oder zwei Monate sein. Zu lernen, wie Menschen so lange und so weit jenseits der Erde überleben können, ist eine wissenschaftliche Herausforderung für sich. Sie geht darüber hinaus, Ressourcen wie Wasser vor Ort zu finden und nutzbar zu machen. Mit der Erkundung des Mondes gilt es auch, neue Ziele für die menschliche Raumfahrt festzulegen – und herauszufinden, wie realistisch sie sind.

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Was sind die größten Herausforderungen und Risiken?

Abgesehen von explodierenden Raketen und anderweitig versagender Technik ist die wohl größte Gefahr unsichtbar. Die Strahlenbelastung auf dem Mond und auf dem Weg dorthin ist enorm. Von der Sonne, aber auch aus dem übrigen All prasseln ständig energiereiche Teilchen auf alles ein, was sich durch den Weltraum bewegt. Die Erde wird durch ihr Magnetfeld und ihre Atmosphäre abgeschirmt. Beides fehlt dem Mond. Wer sich dort aufhält, ist hohen Mengen gefährlicher Strahlung ausgesetzt, die das Erbgut schädigt. Bereits ein heftiger Ausbruch der Sonne, während sich Menschen nur von ihren Raumanzügen geschützt auf dem Mond aufhalten, könnte tödlich sein. Um das Ausmaß der Gefahr abzuschätzen, sind an Bord der Raumkapsel von Artemis 1 zwei mit Strahlungsdetektoren vollgestopfte Puppen mitgeflogen. Die gesammelten Daten werden noch ausgewertet.

Nicht nur intensive Strahlung bombardiert unablässig die Mondoberfläche, sondern auch kleinste Gesteinsbrocken. Die winzigen Geschosse, die in der irdischen Atmosphäre als Sternschnuppen verglühen, treffen den schutzlosen Mond ungebremst. Wie Gewehrkugeln durchschlagen die Meteoriten alles, auf das sie treffen. Über Äonen ist das Gestein praktisch überall in zahllosen Impakten mikroskopisch fein zersplittert. Deswegen ist der Mondboden meterdick von einer Schicht aus scharfkantigem Staub bedeckt.

Dieser Mondstaub stellt übrigens eine eigene, besondere Art von Problem dar, wie die Apollo-Astronauten feststellen mussten. Schlimmer noch als Katzenhaare bleibt er hartnäckig an jedweder Kleidung und Gerätschaft kleben und gelangt so ins Innere der Raumschiffe. Dort dringt er beim Atmen unvermeidlich in die Lunge ein und durchlöchert die Zellwände mit seinen feinen Nadeln, wie es Asbest tut. Doch verglichen mit potenziell verheerender Strahlung und Meteoriten ist diese Unannehmlichkeit zweitrangig.

Mondstaub überall | Nach einem Mondspaziergang war der Anzug des Kommandanten der Mission Apollo 17 Gene Cernan mit dunklem Mondstaub bedeckt – und bald darauf alles, womit er im Inneren der Landefähre in Berührung kam.

Die kosmischen Geschosse können nur dicke Wände abschirmen. Deswegen sehen Konzepte für dauerhafte Aufenthaltsbereiche vor, das Mondgestein vor Ort zu nutzen und mit ihm die Wohnmodule zu umhüllen. Wenn das erledigt ist, kann man sich um Einrichtungsfragen kümmern: Woher kommen Energie, Luft zum Atmen, Nahrungsmittel? Wie hält man das Leben aufrecht (und den Mondstaub möglichst draußen)?

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Wie würden Menschen auf dem Mond leben, und welche neuen Technologien braucht es dafür?

Der Kernbereich einer Mondbasis würde aus verschiedenen kleinen Modulen bestehen, in denen man sich geschützt vor Strahlung und Meteoriten aufhalten kann. Die dafür nötigen dicken Wände könnten Astronautinnen und Astronauten manuell aus Mondgestein aufschichten, beispielsweise rund um eine aufblasbare Grundstruktur, oder etwas futuristischer mittels 3-D-Druck aus Mondstaub bauen.

Eine Mondbasis wird möglichst viele Ressourcen vor Ort nutzen

Während bei den Apollo-Missionen noch alles von der Erde mitgebracht wurde, was für die kurzen Aufenthalte nötig war, wird eine künftige Mondbasis möglichst viele Ressourcen vor Ort nutzen. Denn jede von der Erde zum Mond transportierte Tonne Fracht kostet viele Millionen. Entsprechende technologische Ansätze werden von der ESA und der NASA intensiv beforscht.

Infrastruktur wie befestigte Wege könnten bei der Fortbewegung mit Mondfahrzeugen helfen, und dann würden diese auch nicht ganz so viel Staub herumschleudern. Untersuchungen, wie es gelingen könnte, mit gebündeltem Licht das feine Mondgestein zu Pflasterplatten zu schmelzen, gibt es bereits. Auch für Gewächshäuser, die Nahrungsmittel produzieren könnten, laufen Forschungen. Beispielsweise wurde von den Apollo-Missionen mitgebrachtes Gestein dazu verwendet, Mondstaub als Pflanzsubstrat zu testen (offenbar eignet er sich nicht besonders gut).

Straßen und frischer Salat sind nette Beigaben, aber eine Sache ist unverzichtbar: Energie. Sie braucht es zum Betrieb der Lebenserhaltungssysteme, für den Funkverkehr und alle anderen Gerätschaften. Auch die Wasservorräte am Südpol – sofern sie sich als nutzbar erweisen – lassen sich nur mit ihr erschließen. Heiße Öfen könnten das Wasser aus dem Mondgestein lösen; Elektrolyse es in Wasserstoff und Sauerstoff spalten. Beides braucht Strom.

Während die Sonne scheint, ist die Sache einfach. Dann liefern Solarmodule Energie. Doch die Nächte auf dem Mond sind lang: Auf zwei Wochen Sonnenschein (nach irdischer Zeitrechnung) folgen zwei Wochen Dunkelheit. Während dieser Zeit könnten Brennstoffzellen genutzt werden, in denen (tagsüber produzierter) Wasserstoff und Sauerstoff kontrolliert zur Reaktion gebracht werden. Bereits bei den Apollo-Missionen lieferten kompakte Brennstoffzellen Strom, Wärme und Trinkwasser für die Astronauten – tatsächlich trieb das Apollo-Programm die Entwicklung dieser Technologie maßgeblich voran.

Weitere Konzepte sehen Radionuklidbatterien vor (welche die Wärme radioaktiv zerfallender Stoffe anzapfen), die bereits bei den Apollo-Missionen genutzt wurden und heute in der Raumfahrt überall dort verbaut werden, wo es an Sonnenlicht mangelt. Neue Ansätze untersuchen sogar den Einsatz kleiner Atomreaktoren. Eine NASA-Ausschreibung fördert deren Entwicklung durch private Unternehmen. Auch der Londoner Konzern Rolls-Royce, der neben seinen bekannteren Geschäftsfeldern schon länger Kernreaktoren für Atom-U-Boote produziert, baut inzwischen gefördert durch die britische Raumfahrtbehörde an einem kompakten Atomreaktor für den Mond. China und Russland setzen ebenfalls auf Kernreaktoren als kontinuierliche Energiequelle.

Konzept einer Mondbasis | Die Illustration zeigt mögliche Konstruktionen für einen dauerhaften Aufenthalt von Menschen auf dem Mond mit Solarzellen zur Energieversorgung, Gewächshäusern für Nahrungsmittel sowie Wohnbereichen, die von Hügeln aus Mondgestein gegen kosmische Strahlung und Einschläge kleiner Meteoriten geschützt werden.

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Nützen die Rohstoffe, die auf dem Mond abgebaut werden, auch der Erde?

Nein. Das Gestein lässt sich nur dort sinnvoll verwenden und enthält nichts, was wir nicht viel wirtschaftlicher auf der Erde erschließen könnten. In der Sciencefiction spielt zwar Helium-3 eine prominente Rolle. Das ist ein leichteres Isotop von Helium, das durch den Sonnenwind entsteht und von dem es deshalb auf dem Mond größere Konzentrationen gibt als auf der Erde (wo es allerdings auch in Kernreaktoren produziert wird); es wäre vor allem als Brennstoff für Fusionskraftwerke von Bedeutung. Deren kommerzieller Durchbruch liegt noch viel weiter in der Zukunft als der nächste Mondspaziergang. Überdies ist gar nicht klar, wie sinnvoll Helium-3 für Fusionsreaktoren wirklich wäre, geschweige denn dessen Abbau auf dem Mond. Führende Fusionskonzepte setzen eher auf andere Treibstoffmischungen.

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Wie beeinflussen die Mondmissionen die Zukunft der Raumfahrt?

Vertreter der Raumfahrtbehörden in aller Welt werden nicht müde zu betonen, der Mond könne ein Testgelände für spätere Missionen ins übrige Sonnensystem werden. Seit gut einem Jahrzehnt heißt es immer wieder, der Mond sei ein Sprungbrett, böte einen Ausgangsort für Erkundungen und eine Grundlage für eine dauerhafte menschliche Präsenz jenseits der Erdumlaufbahn.

Die Pläne für den Mond spielen eine große Rolle für die Weiterentwicklung der Raumfahrt insgesamt

Fraglos spielen die Pläne für den Mond eine große Rolle für die Weiterentwicklung der Raumfahrt insgesamt. Noch kreist die Internationale Raumstation um die Erde, aber was soll als nächstes großes Ziel für astronautische Erkundungen kommen, wenn die ISS in einigen Jahren ausgemustert wird? Verschiedene Utopien für die weiteren Schritte der Raumfahrt klingen noch ziemlich nach Sciencefiction, von Asteroidenbergbau bis zu einer Landung oder gar Kolonien von Menschen auf dem Mars.

Der Mond ist ein willkommenes Mittelding. Er ist ein anspruchsvolles Ziel, jedoch im Vergleich zu allen anderen Himmelskörpern noch gut erreichbar. Man braucht nicht wie beim Mars mehrere Monate, um überhaupt dahinzukommen, sondern ist in wenigen Tagen da. Es ist deshalb im ganz wörtlichen Sinn naheliegend, hier neue Technologien und Ideen für die Raumfahrt auszuprobieren. Was auch immer der nächste große Sprung für die Menschheit sein soll, noch fehlt ihr der nächste kleine Schritt im Mondstaub.

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Wie teuer ist das alles?

Das Apollo-Programm kostete die USA seinerzeit in Summe mehr als 20 Milliarden Dollar (umgerechnet auf die heutige Kaufkraft rund 200 Milliarden Dollar). Allein die Entwicklung der SLS-Rakete verschlang zwischen 2011 und 2022 mehr als 24 Milliarden Dollar (jeder einzelne Start verschlingt rund zwei Milliarden), allerdings ist das Bruttoinlandsprodukt der USA heute deutlich höher als zu Apollo-Zeiten: Gegenüber einer jährlichen Wirtschaftsleitung in den 1960er Jahren von rund einer Billion Dollar lag es 2023 bei rund 27 Billionen US-Dollar. 2021 schätzte die NASA die Kosten des gesamten Artemis-Programms bis 2025 grob auf 93 Milliarden Dollar. Tendenz steigend.

Indien (nach den USA, China, Deutschland und Japan auf Platz fünf der weltgrößten Volkswirtschaften) hat vorgemacht, wie günstig eine einzelne Mondmission sein kann: Chandrayaan-3 (mit der ersten weichen Landung am Südpol überhaupt) kam auf umgerechnet 75 Millionen US-Dollar – billiger als der Hollywood-Blockbuster »Interstellar«. Der Vergleich hat Indien im Internet einige Anerkennung gebracht.

Die vergangenen chinesischen Chang'e-Missionen dürften jeweils in ähnlichen Größenordnungen rangiert haben, zumindest lässt sich so die 2019 getroffene, etwas kryptische Aussage des seinerzeitigen stellvertretenden Direktors der Nationalen Raumfahrtbehörde deuten, Chang'e 4 hätte etwa so viel gekostet wie der Neubau eines Kilometers einer U-Bahn-Linie – das wären umgerechnet um die 100 Millionen Dollar. Auch die erste durch ein US-Privatunternehmen durchgeführte Mondlandung von Intuitive Machines im Februar 2024 konnte nicht unter der 100-Millionen-Marke bleiben.

Die Preisschilder robotischer Mondmissionen weisen dreistellige Millionenbeträge aus, während jeder einzelne menschliche Flug in die Milliarden geht

Allerdings waren all diese Missionen robotisch. Will man Menschen ins All bringen, steigt der Aufwand enorm. Menschen brauchen Platz, spezielle Ausrüstung und Vorräte, sie sollen möglichst nicht sterben und wollen am Ende der Mission zurück zur Erde. Der Aufbau der chinesischen Raumstation, die ähnlich wie die ISS inzwischen ständig besetzt ist, soll acht Milliarden US-Dollar gekostet haben. Mit mehr als 100 Milliarden Dollar gilt die ISS als das teuerste Bauprojekt der Geschichte. Ganz grob kann man sagen: Die Preisschilder robotischer Mondmissionen weisen dreistellige Millionenbeträge aus, während jeder einzelne menschliche Flug in die Milliarden geht. Zum Vergleich beträgt das jährliche Budget der ESA knapp 8 Milliarden Euro, das der NASA etwa 27 Milliarden Dollar – insgesamt.

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Wird die Rückkehr zum Mond die internationale Zusammenarbeit fördern – oder werden dort neue Konflikte ausgetragen?

Alle Nationen betonen, die Erkundung des Mondes solle der gesamten Menschheit dienen. Jeder darf mitspielen – die Frage ist bloß, nach wessen Regeln. Wer sich mit den USA gut stellen und beim Artemis-Programm dabei sein möchte, muss die so genannten Artemis Accords unterzeichnen, ein von den USA vorgegebenes Regelwerk. Deutschland ist seit September 2023 dabei.

Die Artemis Accords sind seit ihrer Formulierung im Jahr 2020 umstritten, insbesondere weil sich Nationen auf ihrer Grundlage Sicherheitszonen einrichten und so gewissermaßen Claims auf dem Mond abstecken könnten. Das ist völkerrechtlich verboten: Der 1967 unter den Vereinten Nationen ausgehandelte »Weltraumvertrag« gewährleistet überall uneingeschränkten Zugang. Ländern ist es untersagt, sich Territorien anzueignen. Um Privatunternehmen und mögliche Ressourcenkonflikte geht es im Weltraumvertrag allerdings nicht explizit. Im Jahr 1979 sollte der so genannte Mondvertrag die Regelungslücke schließen, allerdings wollten weder die USA noch die Sowjetunion oder China mitmachen, und er scheiterte.

China und Russland haben die Artemis Accords scharf kritisiert. Stattdessen werben sie im Rahmen ihrer Internationalen Mondforschungsstation um Partnerländer, mit denen sie eigene Vereinbarungen schließen.

Vieles bleibt also ungeregelt: Was etwa passiert, wenn sich eine chinesische und eine US-Mission um Wasservorräte oder die besten Landeplätze streiten? Welche Folgen hat es, wenn die Tätigkeiten des einen die Mondaktivitäten des anderen gefährden? Der internationalen Diplomatie, die aktuell ohnehin in schwierigem Fahrwasser ist, wird die Rückkehr zum Mond zusätzliche Untiefen bringen. Aber auch neue Chancen.

Denn die Raumfahrt zeigt ebenso, dass man gemeinsam weiter kommt als gegeneinander, und sie bietet genügend historische Beispiele für Kooperation selbst in einem Klima härtester Konkurrenz. 1975 dockten im Erdorbit ein US-amerikanisches Apollo-Raumschiff und ein sowjetisches Sojus-Raumschiff aneinander. Nach der Kopplung reichten sich die Raumfahrer die Hand und wechselten zeitweise in das jeweils andere Raumschiff. Die beiden Kommandanten Thomas Stafford und Alexei Leonow verband danach eine lebenslange, enge Freundschaft. Auch solche Geschichten verspricht die Rückkehr zum Mond zu schreiben.

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